Laufende Dissertationsprojekte
Alex Miller-NoeArbeitstitel: Das Potenzial persönlicher Lernnetzwerke aus Lehrer:innensicht Betreuer:innen: Projektbeschreibung: Soziale Netze und Netzwerke sind im beruflichen wie im privaten Feld von großer persönlicher Bedeutung und haben darüber hinaus auch gesellschaftlich-politisch relevante Ebenen. Im digitalen Raum können soziale Netze außerdem über raum-zeitliche Grenzen hinweg entstehen. Sie sind wie andere Teilbereiche der Infrastruktur ubiquitär, jedoch im Vergleich zu anderen Netzen augenfälliger. Welche Rolle nehmen soziale Netze im Kontext des Lernens und der Schule ein? Netzwerke müssen einerseits aufgebaut und gepflegt werden. Andererseits bieten sie Ressourcen vor allem hinsichtlich der kooperativen Arbeit. Howard Rheingold beschreibt neben fünf grundlegenden digital literacies acht Aufbauphasen eines persönlichen Lernnetzwerkes (PLN). Nach ihm bieten PLN die Möglichkeit, ein von herkömmlichen Institutionen unabhängiges soziales Kapital aufzubauen. Auch Will Richardson beschreibt ausgehend von individuellen Anstrengungen einen sukzessiven Aufbau von PLN. Zu Beginn sei das Verständnis von PLN ausschlaggebend, weiter die Modellrolle der bereits vernetzten Lehrer:innen, schließlich habe die Verbreitung von PLN auch Einfluss darauf, was unter der Schule und dem Lernen in der Schule im Allgemeinen verstanden wird. Vor dem Hintergrund des Konnektivismus und dem lebenslangen Lernen beziehungsweise Innovieren rückt das professionelle, persönliche Netzwerk in den Fokus des Projekts und wird nicht nur für die Lehrer:innenausbildung, sondern ebenso für ihre lebenslange Bildung sowie ihre unterrichtspraktische Tätigkeit wichtig, welche eng mit der eigenen (digitalen) Mündigkeit sowie der Erziehung zur Mündigkeit im Kontext des allgemeinen und philosophischen Bildungsbegriffs verbunden sind. Dieser theoretische Blick soll einen praktischen Bezug erfahren, indem der Aufbau, die Pflege und die Zusammenarbeit in professionellen, persönlichen Netzwerken unter Lehrer:innen aus ihrer Sicht untersucht werden. Die Resultate der empirischen Studie und die Erfahrungen aus der Praxis erfahren durch bildungsphilosophische Überlegungen sowie solche aus dem Bereich der Philosophie der Digitalität eine theoretische Kontextualisierung. Da das Forschungsprojekt ein didaktisches Projekt ist, das aus philosophiedidaktischer Sicht auf die Professionalität von Lehrer:innen blickt, werden in der Schlussphase Folgerungen für die Professionalisierung gezogen. |
Tim PorpsArbeitstitel: Arbeit am Begriff – philosophiedidaktische Potenziale und Grenzen von Conceptual Engineering Betreuer:innen: Projektbeschreibung: In meinem Dissertationsprojekt untersuche ich die philosophiedidaktischen Potenziale und Grenzen des Conceptual Engineering (CE). CE kann in einer ersten Annäherung als eine philosophische Methode verstanden werden, die darauf abzielt, bestehende Begriffe zu verbessern. Für viele Vertreter des CE liegt das Neue und Attraktive dieser Methode darin, dass Begriffe nicht mehr nur deskriptiv analysiert, sondern unter normativen Gesichtspunkten verändert und verbessert werden. Etwas überspitzt und frei nach Marx‘ berühmter Feuerbachthese hätten die Philosoph:innen die Begriffe nur anders analysiert, es käme aber darauf an, sie zu verändern. In der gegenwärtigen Debatte herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass bestehende Begriffe verbessert werden sollten, wenn sie in bestimmter Hinsicht defizitär sind. Begriffe können in semantischer, epistemischer oder moralischer Hinsicht defizitär sein. Ein leicht nachvollziehbares Beispiel betrifft den Begriff der Ehe: Bis 2017 fielen in Deutschland nur verschiedengeschlechtliche Paare unter den Begriff der Ehe. Dieser Ehebegriff wurde sowohl aus moralischen als auch aus rechtlichen Gründen als defizitär bewertet. Nach langen Diskussionen wurde der Ehebegriff schließlich geändert, so dass sich seit 2017 sowohl verschieden- als auch gleichgeschlechtliche Paare verehelichen können. An diesem Beispiel lässt sich die Grundstruktur von CE gut nachvollziehen: Ein bestehender Begriff wird (i) evaluiert, (ii) verbessert und (iii) im besten Fall etabliert sich der verbesserte Begriff in einer Sprachgemeinschaft. Neben den Potenzialen von CE werden jedoch zunehmend auch Probleme und mögliche Grenzen der Methode thematisiert. Ganz grundsätzlich wird z.B. gefragt, ob es überhaupt möglich ist, einen ‚Begriff‘ zu verändern bzw. ob wir überhaupt Kontrolle über die Bedeutung sprachlicher Ausdrücke haben. Darüber hinaus wird kritisiert, dass die Vorstellung, Begriffe und sprachliche Ausdrücke zu ‚engineeren‘, ein problematisches Bild von kontrollierbarer Sprache impliziere. In diesem Zusammenhang wird häufig darauf hingewiesen, dass es nicht nur positive, sondern auch negative Beispiele für CE gibt. Man denke hier an Orwells Neusprech oder allgemein an manipulative Sprache in autokratischen Staaten. Ziel meines Dissertationsprojektes ist es, die möglichen Potenziale und Grenzen von CE auf einer philosophischen Ebene zu analysieren, auf einer fachdidaktischen Ebene zu reflektieren und schließlich auf einer unterrichtspraktischen Ebene fruchtbar zu machen. |
Clara GüntherArbeitstitel: Über die Sorge – Untersuchungen zu einem grundlegenden Begriff menschlichen Denkens und Handelns Betreuer:innen: Projektbeschreibung: In meinem Dissertationsprojekt untersuche ich den Begriff der Sorge. Dabei beziehe ich mich sowohl auf die Bedeutung der Fürsorge als Handlung als auch auf die Bedeutung des sich-Sorgen-Machens als eine auf die Zukunft gerichtete Emotion. In einem ersten Schritt soll der Begriff deskriptiv analysiert und semantisch strukturiert werden. Um wesentliche Merkmale von Sorge festzustellen, müssen verschiedene Fragen beantwortet werden. Einige dieser Fragen könnten lauten: Ist es möglich, sich um etwas Sorgen zu machen, das bereits in der Vergangenheit liegt? Handelt es sich um eine fürsorgliche Tat, wenn A dem B jeden Morgen einen Kaffee ans Bett bringt, obwohl B dies genauso gut selbst tun könnte? Geht eine fürsorgliche Tat immer mit einer guten Intention einher oder ist es möglich versehentlich fürsorglich zu handeln? Gehört zu jeder fürsorglichen Handlung auch dazu, dass man sich Sorgen macht? In welchem Verhältnis steht die Sorge zur Hoffnung? Und wie unterscheidet sich die Tätigkeit der Fürsorge beispielsweise von der Tätigkeit des Pflegens oder Kümmerns? Am Ende dieser begrifflichen Analyse steht eine Kernbedeutung von Sorge, die als Grundlage für eine zweite, normative Analyse herangezogen werden soll. Es fällt nämlich auf, dass der Begriff der Sorge in aktuellen Auseinandersetzungen zunehmend an Bedeutung gewinnt und besonders in öffentlichen Diskursen immer häufiger Verwendung findet (z.B. besorgte Bürger:innen, Skin-Care, Eye-Care, Care-Arbeit). Viele Verwendungsweisen beruhen jedoch auf vagen und heterogenen Vorstellungen darüber, was mit „Sorge“ eigentlich zum Ausdruck gebracht werden soll. In diesem zweiten Schritt meiner Arbeit sollen daher ausgewählte, aktuelle Verwendungsweisen von Sorge in spezifischen Kontexten analysiert werden und mit den Merkmalen aus dem ersten Schritt abgeglichen werden. Ziel ist es, unterschiedliche Bedeutungsebenen herauszuarbeiten und ggf. stark abweichende Verwendungsweisen zu identifizieren. |
Claudius PoppArbeitstitel: Potentiale öffentlicher Philosophie – was können unterschiedliche Veranstaltungsformate leisten? Betreuer:innen: Projektbeschreibung: Seit einigen Jahren findet das Forschungsfeld Public Philosophy, die Philosophie in der Öffentlichkeit, stärkere Beachtung. Public Philosophy wird dabei mit zwei verschiedenen Stoßrichtungen verstanden, die sich jedoch nicht ausschließen: Einerseits mit der Vorstellung, dass sich akademische Philosoph:innen mit den durch ihre Arbeit erlangten Einsichten an die Öffentlichkeit wenden und diese Einsichten an die Öffentlichkeit vermitteln. Andererseits mit der Vorstellung, dass akademische Philosoph:innen gemeinsam mit der Öffentlichkeit philosophieren. Ziele und Formate dieses großen Forschungsfeldes Public Philosophy sind noch weitgehend ungeklärt. Wie kann und soll Philosophie in der Öffentlichkeit konkret aussehen? Ziel dieser Arbeit ist ein „Orientierungsrahmen“ für die Gestaltung von Veranstaltungen als Formaten öffentlicher Philosophie. Dabei stellt sich die Frage, inwiefern Public Philosophy an fachdidaktische Überlegungen anküpfen kann. Inwiefern lassen sich Überlegungen zur Vermittlung von Philosophie im Unterricht auf öffentliche Veranstaltungen übertragen? Basierend darauf wird in einer explorativen Studie das vielfältige Angebot philosophischer Veranstaltungen unter akademischer Beteiligung in Deutschland untersucht. Welche Vorstellungen und Ziele öffentlicher Philosophie sind für die Gestaltung von Veranstaltungen handlungsleitend? Wie lassen sich unterschiedliche Veranstaltungsformate charakterisieren? Welche Anforderungen müssen unterschiedliche Formate erfüllen, um den jeweiligen Vorstellungen von öffentlicher Philosophie gerecht zu werden? |
Michael SegetsArbeitstitel: Philosophieren mit implizit philosophischen Comics – Ein genretheoretischer Zugang am Beispiel des Western Betreuer:innen: Die Zielstellung der Arbeit besteht darin, einen Vorschlag zum methodischen Umgang mit Comics im Unterricht der Fächergruppe Philosophie/Ethik fachdidaktisch zu begründen. Untersucht wird dabei, inwieweit mediumspezifische Möglichkeiten des Comics zum Kompetenzerwerb im Prozess des Philosophierens beitragen können. Die Berücksichtigung comicspezifischer Gestaltungselemente kann den Prozess des Philosophierens sowie den Aufbau verschiedener philosophischer Kompetenzen unterstützen, indem die philosophische Dimension auf der Inhaltsebene der Narration genauer erfasst wird. Dafür ist die Orientierung an comicanalytischen Zugängen hilfreich, die darüber hinaus eine Kontextualisierung der jeweiligen Werke ermöglichen. Im Rahmen der Arbeit soll gezeigt werden, dass ein genretheoretischer, strukturalistisch orientierter Zugang geeignet ist, um aus implizit philosophischen Comics philosophische Fragestellungen zu extrahieren und so vor allem im Kompetenzbereich des Wahrnehmens und Verstehens philosophischer Probleme didaktisches Potential zu entfalten. Weitere Kompetenzen wie das Argumentieren und Urteilen sind im Prozess des Philosophierens mit Comics ebenfalls gefordert und geraten damit in das Blickfeld der Untersuchung. Am Beispiel des Westerngenres soll der vorgeschlagene methodische Umgang mit Comics im Hinblick auf die Förderung philosophischer Kompetenzen in Verbindung mit der Inhaltsebene philosophischer Problemstellungen konkretisiert werden, um so die Tragfähigkeit des Konzepts zu prüfen. |